Bad Alchemy

Hanna Hartman – Ailanthus

Type: review

Date: 2007-03-05

Language: german

Von HANNA HARTMAN, Karl-Sczuka-Preisträgerin 2005 aus Uppsala, die zuerst von BAs Radar erfasst wurde mit dem Elektron-Release ihrer Arbeiten von 2000-2002 und dann mit dem Komplott-Vorgänger Longitude/Cratere, liegt nun mit Ailanthus (escudre09) ihre Elektroakustik der Jahre 2003-2006 vor. Als erstes erklingen mit \"Att Fälla Grova Träd Är Förknippat Med Risker\" gleich die 8:35, die die Jury des SWR so beeindruckt hatten. Nachvollziehbar, denn \"Das Fällen hoher Bäume ist mir Risiken verbunden\" umknarrt und umfetzt die Ohren so plastisch, dass man wie ein aufgeschreckter Vogel zur Seite flattert. Mittendrin, statt bloß dabei, dieser Werbespruch trifft hier Punkt und Nerv. Jede reißend Faser und jeden krachenden Ast glaubt man am eigenen Körper zu spüren. \"Wespen Vesper\" (2005) wechselt kaum den Schauplatz, wir sind noch in Wald und Wiese, aber mehr bei Flora statt Fauna, unter summenden Insekten und \"Schmetterlingen der Sprache\". Fragmentarische Sprachsamples, kürzeste Haspel- und Lippenlaute, mischen sich unter muhende Kühe, größer als Elefanten, und unter geflügelte Sechsbeiner, die wie Mopeds vorbei surren. Mit der Sopranstimme, die den Schlusssegen einer Abendandacht anstimmt, erklärt sich, wortspielerisch, dann auch noch die zweite Hälfte des Titels. \"Plåtmås\" mischt einen herzhaften Apfelbiss, einen schrillen Falkenschrei und ungrad gebrochene Rhythmik zu prallen 3 Minuten. Die \"Musik För Dansstycket Jag Glömmer Bort\" entstand 2006 für eine Choreographie von Gunilla Heilborn. Simmfetzen, Apfelbiss und knarzige Percussion kehren hier wieder und fungieren wie Leitmotive, die dem Stück Struktur geben. Der noisig-perkussive Akzent ist stärker ausgeprägt, ein Hühnergackern macht komischen Effekt und überhaupt ist die vierdimensionale Plastizität der Sounds atemberaubend. Schwedische Elektroakustik wird hier ihrem Ruf als Markenartikel voll gerecht.
Komplott
Bad Alchemy - Catalogue - Komplott