Titel magazine
2005-12-16 • 2005
-
Elektronisches Wellenrauschen und Vulkanhüsteleien Die schwedische Soundkünstlerin Hanna Hartman ist immer wieder auf der Suche nach natürlichen Klängen. Weltweit. Für zwei ihrer aktuell auf CD erschienen Werke war sie in Sizilien und auf der Ostsee unterwegs. Seit 1991 arbeitet Hanna Hartman als freie Mitarbeiterin beim schwedischen, dänischen und deutschen Rundfunk. Für \"Das Fällen hoher Bäume ist mit Risiken verbunden\" erhielt sie den Karl-Sczuka-Preis 2005. Auf einem Segelboot - von Berlin über die baltische See - entstanden Feldaufnahmen, die Hartman für das Hörstück \"Longitude 013° 26' E\" benutzte. Dieser Längengrad bezieht sich auf Kap Arkona, den nördlichsten Punkt der Insel Rügen. Naturklänge und komponierte Musik befinden sich im fließenden Übergang, die künstlichen Töne sind von den originalen kaum noch zu unterscheiden. Die Meereswellen schlagen gegen Ufer und Boot, die von Annette Krebs präparierte Gitarre schreit und seufzt dazu wie ein gequälter Kobold. \"Cratere\" wurde im Jahre 2003 von DeutschlandRadioBerlin gesendet. Aus der Tiefe dieses immer noch aktiven, sizilianischen Vulkans fauchen und schnauben bedrohliche Urgewalten. Im Inneren spielen sich unvorstellbare Eruptionen ab, die von Hanna Hartman mittels elektronischer Bearbeitungs- und Vervielfältigungsprozeduren in eine Endlosschleife verpackt wurden. David Balzer und Reinhold Friedl bedienen dazu einen Neo-Bechstein, einen Flügel, dessen Klangerzeugung auf elektro-mechanischem Weg erfolgt. Zwar wird bei diesem um 1929/30 erfundenen Instrument der Ton auf althergebrachte Weise mit einer Klaviersaite erzeugt, die Verstärkung der Schwingungen und die Schallabstrahlung erfolgen dann aber elektrisch. Dieses Instrument ist mit einem Empfänger verbunden, der es ermöglicht, Radio- und Klaviersignale miteinander zu mischen.Hanna Hartmans Produktion verbindet naturgewaltige Feldaufnahmen mit den Errungenschaften digitaler Technik. Und dies geschieht auf eine Weise, die weder das eine noch das andere favorisiert, sondern vielmehr seinen Reize aus einer perfekten Mischung schöpft.